Persilschein für Schwarzer: Frankfurter Landgericht erlaubt Alice Schwarzer die Verbreitung von Unwahrheiten

– Erklärung von Doña Carmen e.V.
zu einem unrühmlichen Urteil des Frankfurter Landgerichts –

Mit Urteil vom 25. November 2013 befand das Frankfurter Landgericht über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Alice Schwarzer und den Verlag Kiepenheuer & Witsch.

Das Gerichtsurteil wies den am 19.11.2013 von Doña Carmen gestellten Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die von Schwarzer herausgegebene Publikation „Prostitution – ein deutscher Skandal“ ab. Das Urteil erlaubt Frau Schwarzer damit die Weiterverbreitung nachweislich unwahrer Behauptungen über die in Frankfurt ansässige Organisation für soziale und politische Rechte von Prostituierten.

Alice Schwarzer – so das Gericht – verletze mit nachweislich unwahren Behauptungen zwar in einem „die Grenze der Unerheblichkeit übersteigenden Maß“ das Persönlichkeitsrecht der Antragsteller (Doña Carmen e.V.). Doch könne das Gericht in „Abwägung der hier maßgeblichen Umstände“ keine „besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung“ erkennen. Denn Schwarzers „Unzulässigkeiten“ beschränken sich „nur auf einen kleinen Teil des Druckwerks“. Letzteres stimmt in der Tat: Schwarzer ist nur auf drei Seiten ihres Skandal-Buchs über Doña Carmen hergezogen. Das war offensichtlich zu wenig. Doña Carmen muss daher die Veröffentlichung und Verbreitung der dort behaupteten Unwahrheiten ertragen!

Damit schloss sich das Gericht der Argumentation von Schwarzers Anwälten (Schwenn & Krüger, Hamburg) an, die in einem Schreiben an den Anwalt von Doña Carmen wortwörtlich erklärten, es handele sich bei den unwahren Behauptungen über Doña Carmen um eine „Petitesse“ ohne „persönlichkeitsrechtliche Relevanz“.

Schwarzers Anwälte räumten zwar die Unwahrheit von Äußerungen Schwarzers ein und boten im Vorfeld an, „es künftig zu unterlassen, zu behaupten und/oder zu verbreiten, das Vorstandsmitglied des Vereins Doña Carmen e.V., Frau Juanita Henning, habe gegenüber der Süddeutschen Zeitung für eine Anzeige vom 21.07.2009 unter der Überschrift „Schluss mit dem Kesseltreiben“ einen Betrag in Höhe von 25.000,00 € entrichtet… und/oder der Verein Doña Carmen e.V. aus Frankfurt a. M. sei Mitglied der bufas.“ Doch die von Schwarzers Anwälten angebotene Unterlassungsverpflichtung solle erst ab der zweiten (!) Auflage greifen. Mit anderen Worten: Die Leserschaft soll durch den Verkauf der gesamten ersten Auflage weiterhin mit nachweislich falschen Behauptungen hinters Licht geführt werden dürfen.

Dieser Sichtweise schloss sich das Frankfurter Landgericht in seinem unrühmlichen Urteil an. Die Entscheidung des Landgerichts kann nur als Schandurteil gewertet werden, als schmählicher Kotau zweier Richterinnen und eines Richters vor einem von aggressiver Prostitutionsgegnerschaft geprägten Zeitgeist.

Wir möchten nachfolgend den an den tatsächlichen Sachverhalten interessierten Menschen darlegen, was es mit den in Rede stehenden „Petitessen“ auf sich hat.

1.
Doña Carmen verlangte von Frau Schwarzer und dem Verlag Kiepenheuer & Witsch es zu unterlassen, weiterhin die unwahre Behauptung zu verbreiten, Doña Carmen habe in der ‚Süddeutschen Zeitung‘ eine Anzeige für 25.000 Euro geschaltet.

Dazu Erläuterungen von Doña Carmen e.V.:

Im Sommer 2009 überzogen Politik und Medien die in den Flatrate-Bordellen tätigen Sexarbeiterinnen mit einer beispiellosen Hetzkampagne. Doña Carmen e.V. hatte Kontakt zu den seinerzeit im Pussy-Club in Fellbach bei Stuttgart tätigen Frauen. Die meisten von Ihnen waren rumänischer Herkunft, viele von Ihnen sind zuvor in romanisch sprachigen Ländern wie Spanien der Prostitution nachgegangen.

Als Gegenwehr gegen die damalige Hetzkampagne, die die Frauen als dumme und unbedarfte ausländische Prostituierte darstellte, die nicht wissen, auf was sie sich einließen, vereinbarte Doña Carmen e.V. mit den Frauen im Fellbacher Pussy-Club die Veröffentlichung zweier Zeitungs-Anzeigen unter dem Titel „Schluss mit dem Kesseltreiben“. Gleichzeitig wurde verabredet, Gegner der Flatrate-Prostitution – den Fellbacher OB Palm, den damaligen baden-württembergischen Innenminister Rech, die katholische Kirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie Vertreter des örtlichen ‚Aktionsbündnisses gegen die Sex-Flatrate‘ – zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion in den Pussy-Club Fellbach einzuladen. Es sei erwähnt, dass alle Eingeladenen den Schwanz einzogen und sich Presseangaben zufolge strikt weigerten, mit den Frauen im Pussy-Club zu reden. Der Club wurde wenig später, am 26. Juli 2009, von einer Polizei-Armada gestürmt und wegen angeblich „mangelhafter hygienischer Umstände“ (Bakterien in einem Whirlpool)  nach § 35 GewO geschlossen.

Kurz vorher, am 21. Juli 2009, erschien der von 77 Frauen unterzeichnete Protest-Aufruf in der ‚Frankfurter Rundschau‘ und der ‚Süddeutschen Zeitung‘, für den Doña Carmen e.V. presserechtlich verantwortlich zeichnete. Dazu heißt es in Schwarzers Publikation „Prostitution – ein deutscher Skandal“:

„Allein die Anzeige in der SZ kostete 25.000 Euro“

Was will Frau Schwarzer den Leser/innen ihres Buches damit sagen?
Die Botschaft dürfte klar sein: Es kann nicht mit rechten Dingen zugehen, dass ein kleiner Prostituierten-Verein wie Doña Carmen über derart hohe Geldbeträge verfügt, es sei denn, er werde von Bordellbetreibern ausgehalten, damit er deren Interessen vertrete. Denn allenthalben drängt sich die Frage auf: Woher hat Doña Carmen für eine einzige Anzeige so viel Geld?

In diesem Sinne ist in Schwarzers Buch hinsichtlich der Doña-Carmen-Sprecherin Juanita Henning die Rede von „Henning und ihren Gönnern“. Gleichzeitig wird in Bezug auf Doña Carmen e.V. vielsagend angedeutet, dass „dessen Finanzquellen uns trotz intensiver Recherche unbekannt sind.“ (S. 99) Es scheint etwas arg im Dunkeln zu liegen, wenn es nicht einmal den erprobten Investigativ-Journalistinnen von EMMA gelingt, dem offenbar hier vorliegenden Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Wie aber steht es um die Tatsachen?

Der Verein Doña Carmen e.V. finanziert sich seit seiner Gründung im Jahre 1998 ausschließlich aus den Spenden seiner Mitglieder und Förderer. Das heißt: Doña Carmen erhält weder von der Stadt Frankfurt, weder vom Land Hessen, weder vom Bund noch aus EU-Mitteln irgendwelche finanziellen Zuschusse. Möglicherweise ist das der Grund, warum Schwarzer schreibt, dass Doña Carmens „Finanzquellen uns trotz intensiver Recherche unbekannt sind“.

Warum ist das so? Die Gründung von Doña Carmen fiel in eine Zeit massiver Razzien gegen Prostitutionsmigrantinnen. In Frankfurt verging 1999 bis 2001 kaum eine Woche ohne Polizeirazzia in einem Bordell. Weit über 1.000 Prostitutionsmigrantinnen wurden um die Jahrtausendwende von der Polizei in die Abschiebeknäste und dann in die Flieger gezerrt. Doña Carmen hat sich seinerzeit in Frankfurt als einzige Organisation konsequent auf die Seite der Frauen gestellt und erklärt: ‚Wir tanzen nicht gleichzeitig auf zwei Hochzeiten.‘ Eine institutionelle Zusammenarbeit mit der Polizei (gegen die Frauen) kam für uns nicht in Betracht. Denn sie hätte das Vertrauen zerstört, dass die Frauen in der Prostitution uns entgegenbringen.

Daraufhin waren für Doña Carmen e.V. sämtliche Geldhähne zugedreht. Außer einen Computer vom Frankfurter AMKA („Amt für multikulturelle Angelegenheiten“) haben wir von der Stadt Frankfurt – trotz mancher Anträge – nie einen Cent gesehen. Dazu hieß es seinerzeit in einem Artikel der ‚Berliner Zeitung‘:

„Die öffentliche Hand hat sich dagegen nicht geöffnet. Die Stadtverordneten-versammlung habe dieses Projekt (gemeint war die von Dona Carmen herausgegebene Zeitung ‚La Muchacha‘, DC) nicht fördern wollen, weil Dona Carmen im Gegensatz zu andern Projekten nicht bereit gewesen sei, mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu kooperieren, war aus dem Frauendezernat zu hören. Referentin Sabine Husung dazu: ‚Wir schätzen die Zeitung zwar, weil sie unter anderem über die Gesetzgebung aufklärt‘, auch weil sie sich ‚mit den Problemen der Prostituierten beschäftigt und so eine Vielfalt in der Diskussion herstellt‘. Das große Aber: Der Verein fahre einen ‚Konfrontationskurs‘ zu städtischen Institutionen. In der Tat nimmt der Verein kein Blatt vor den Mund. Wenn sich – wie in der letzten Zeit – die Razzien in Bordellen häufen, veranstaltet Dona Carmen Pressekonferenzen und schreibt Beschwerdebriefe an das Ordnungsamt.“  (Quelle: Berliner Zeitung, 7. März 2000) 

Die Folge: Doña Carmen e.V. hätte sich entweder auflösen können oder sich anderweitig durchschlagen müssen. Wir haben uns für letzteres entschieden.

Trotz bescheidener Finanzausstattung hat Doña Carmen schon immer versucht, den Frauen in der Prostitution, insbesondere den Prostitutionsmigrantinnen, öffentlich Gehör zu verschaffen. Auch vor der Schaltung von Anzeigen für die Flatrate-Frauen aus Fellbach im Jahr 2009 hatten wir, sofern Geld in der Kasse war, in den Medien Anzeigen geschaltet.

Als wir am 10. März 2000 einen von 208 Sexarbeiterinnen aus 14 Ländern unterzeichneten „Aufruf an die politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik Deutschland“ in der ‚taz‘ veröffentlichten, der ein Ende der menschenunwürdigen Razzien forderte, wurde das in den Medien noch abschätzig als „Aufstand der Nutten“ registriert. (Neue Revue, 16.3.2000)

Aus Anlass der Fußball-WM 2006 protestierten in einem von Doña Carmen initiierten Aufruf 133 Prostituierte aus 24 Nationen, die in der Frankfurter Bordellprostitution arbeiteten, öffentlich gegen ihre Stigmatisierung durch permanente Razzien und die Lüge von der so genannten „Zwangsprostitution“. Damals berichteten örtliche Zeitungen darüber. Seinerzeit reichte unser Geld im Übrigen nicht für eine Veröffentlichung in den Medien.

Anders im März 2008, als 222 Prostituierte in einem Aufruf, der zeitgleich in der Berliner ‚taz’ sowie in der ‚jungen Welt’ veröffentlicht wurde und für den Doña Carmen presserechtlich verantwortlich zeichnete. Der Aufruf wandte sich gegen die diskriminierende Sonderbesteuerung nach dem ‚Düsseldorfer Verfahren‘ (täglich 25 € Steuer).

Wenn es uns irgend möglich war, haben wir das bisschen Geld, über das wir verfügen, lieber in die Unterstützung der Frauen gesteckt, als es sonst wie zu verbraten. So war es zuletzt mit einem Aufruf im Vorfeld der Bundestagswahl 2013, und so war es auch im Juli 2009 mit der Flatrate-Anzeige.

Die Anzeige in der ‚SZ‘ kostete uns seinerzeit nicht – wie Schwarzer fälschlich behauptet – 25.000 Euro, sondern einen mittleren vierstelligen Betrag. Die zeitgleiche Anzeige in der ‚FR‘ kostete uns einen niedrigen vierstelligen Betrag. Beide Anzeigen zusammen kosteten uns weniger als 10.000 Euro. Die Beträge um die es hier geht, sind schon deswegen nicht in der von Schwarzer behaupteten und interessiert gestreuten Größenordnung, weil gemeinnützige Organisationen bei Anzeigen Rabatte bekommen und weil wir aufgrund unserer Erfahrungen über einiges Verhandlungsgeschick verfügen.

(Belege über die genauen Beträge haben wird dem Frankfurter Landgericht vorgelegt. Da wir auch in Zukunft noch Rabatte von großen Zeitungen bei Anzeigen-Kampagnen bekommen wollen, werden wir öffentlich keine exakten Beträge veröffentlichen.)

Ginge es Frau Schwarzer und ihrem Anhang wirklich um Recherche und Aufklärung, so hätten sie bei Doña Carmen nachfragen  können, ob wir wirklich für eine Anzeige 25.000 Euro bezahlt haben. Das aber hat man nicht getan. Warum wohl nicht? Offensichtlich lebt es sich bequemer mit Unterstellungen. Vermutlich war man von der eigenen dürftigen Argumentation selbst so wenig überzeugt, dass man es für nötig erachtete, bei der Darstellung etwas „nachzuhelfen“.

2.
Doña Carmen verlangte von Frau Schwarzer und dem Verlag Kiepenheuer & Witsch es zu unterlassen, weiterhin die unwahre Behauptung zu verbreiten: „Die heute 43-jährige Juanita Henning befürwortete in einem Interview mit dem Stern auch Sex ohne Kondom bei Flatrates.“ (Schwarzer, S. 98)

Dazu Erläuterungen von Doña Carmen e.V.:

Was soll besagter Satz den Leser/innen sagen?
Die zitierte Aussage verweist ganz offenkundig auf eine Rücksichtslosigkeit seitens der Doña-Carmen-Sprecherin, der die Gesundheit von Frauen in der Prostitution offenbar egal ist. Das macht Sinn: Denn laut EMMA ist Frau Henning eine „Bordell-Lobbyistin“. Da muss sie ja die Interessen der Frauen den Profitinteressen von Bordellbetreibern unterordnen.

Tastsache ist aber, dass die in Schwarzers Publikation genannte Position von der Doña-Carmen-Sprecherin Henning in dem besagten Interview gar nicht vertreten wurde. In dem Interview mit stern.de vom 22. Juli 2009 lautete die entsprechende Passage wie folgt:

(Stern) In den Flatrate-Bordellen wird auch damit geworben, dass Sex ohne Kondom möglich ist. Ist das für eine Organisation, die sich für die Rechte der Prostituierten einsetzt, hinnehmbar?
(Henning) Sex ohne Kondom wurde schon immer angeboten. Es gibt in der Prostitution immer Frauen, und auch Männer, die das machen. Ich persönlich halte das für riskant. Aber manche Leute leben riskant.
(Stern) Finden Sie das in Ordnung?
(Henning) Ja, kein Zwang.
(Quelle: http://www.stern.de/panorama/prostituierten-verein-flatrate-bordelle-sind-nicht-unmoralisch-706892.html)

Juanita Henning sagt hinsichtlich ‚Sex ohne Kondom‘ ausdrücklich: „Ich persönlich halte das für riskant.“ Sie plädiert dafür, dass gegenüber einer auch unabhängig von Flatrate-Bordellen bestehenden Praxis des Verzichts auf Kondom „kein Zwang“ ausgeübt wird. Das ist mitnichten eine Befürwortung von Sex ohne Kondom, sondern es ist die Ablehnung von äußerem Zwang als vermeintlich adäquatem Gegenmittel gegenüber riskantem Sexualverhalten.

Wer glaubt, man könne das Gegenteil des tatsächlich Gesagten in das Stern-Interview hineindeuten, macht das in verleumderischer Absicht. Ginge es Schwarzer und ihrem Anhang tatsächlich um eine an Fakten und Wahrheit orientierte Recherche, so hätte man im Netz leicht in Erfahrung bringen können, dass Henning am 17. Februar 2011 einen „Offenen Brief“ an die nordrhein-westfälische Frauenministerin Barbara Steffens schrieb, in dem es zu der in Frage stehenden Problematik hieß:

„Nun kann niemand ernsthaft etwas dagegen haben, dass Frauen in der Prostitution mit Kondomen arbeiten. Im Gegenteil. Es ist Ausdruck professioneller Arbeit, wenn Frauen mit ihren Kunden Sex haben und dabei Kondome benutzen. Das ist ausdrücklich zu empfehlen. Als Gesundheitsministerin wäre es geradezu Ihre Pflicht und Verantwortung, Frau Steffens, für eine Professionalisierung von Prostitutionstätigkeit einzutreten und den Aufbau eines Berufsverbands für Prostituierte finanziell zu fördern, der das längst überfällige Projekt der Professionalisierung endlich in Angriff nähme. Sie müssten dafür sorgen, dass Gesundheitsämter den Frauen in der Prostitution zertifizierte Fortbildungen anbieten – selbstverständlich mitfinanziert von den Betreiber/innen der Prostitutionsetablissements. Kondome müssten von Streetworkerinnen der Gesundheitsämter – zumindest in allen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern – kostenlos in sämtlichen Prostitutionsstätten verteilt werden. Der Gebrauch von Kondomen müsste zum selbstverständlichen und öffentlich kommunizierten Profil eines jeden Prostitutionsetablissements gehören, das etwas auf sich hält.“
(Quelle: http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=7598; https://www.donacarmen.de/?p=1)

Wer angesichts dessen dennoch behauptet, Juanita Henning sei Befürworterin von ‚Sex ohne Kondom‘, führt die Öffentlichkeit hinters Licht.

Das schmähliche Urteil des Frankfurter Landgerichts hingegen gibt Frau Schwarzer Recht und sieht in dem von Doña Carmen inkriminierten Satz, Henning befürworte Sex ohne Kondom, eine „zusammenfassende Wertung der Äußerung des Vorstandsmitglieds, Frau Henning“, mithin eine „zulässige Meinungsäußerung“ von Frau Schwarzer. Doña Carmen könne dagegen mithin keinen Unterlassungsanspruch geltend machen. So simpel kann „Rechtsprechung“ sein!

3.
Doña Carmen verlangte von Frau Schwarzer und dem Verlag Kiepenheuer & Witsch es zu unterlassen, weiterhin die unwahre Behauptung zu verbreiten, Doña Carmen sei Mitglied im bufas.

Dazu Erläuterungen von Doña Carmen e.V.:

In Schwarzers Publikation heißt es: „Die ganze feine Gesellschaft hat sich 2010 in einem Dachverband zusammengeschlossen: bufas – Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter. Neben Doña Carmen, Hydra und all den einschlägigen ‚Hurenprojekten‘ ist auch ver.di (Fachbereich 13 Hamburg, ‚besondere Dienstleistungen‘) Mitglied.“ (S. 100)

Doña Carmen ist ebenso wenig wie Ver.di Mitglied im bufas. Das ist schlampigste Recherche. Aber ist das nicht eine „Petitesse“? Keineswegs. Schwarzer verbreitet ihre Unwahrheiten in einem Kapitel mit der Überschrift „Von Hydra bis Doña Carmen: die Pro-Prostitutionsfront“. Schwarzer befindet sich also an der Front, mithin im Krieg. Nicht im Geschlechterkrieg (wie damals), sondern im Krieg gegen Prostitution. Hauptsache Krieg. Um diesen zu legitimieren, konstruiert sie den Mythos von der geschlossenen ‚Pro-Prostitutionsfront‘, die es in Wirklichkeit nirgends gibt, und die Schwarzer deshalb wahrheitswidrig konstruieren und herbei schreiben muss.

Im bufas aber arbeiten u. a. Organisationen mit kirchlichem Hintergrund, die zudem eng mit der Polizei kooperieren. Für Doña Carmen ein klarer Grund, nicht im bufas Mitglied zu sein. Doña Carmen steht auf Seiten der Frauen in der Prostitution und lehnt eine institutionelle Zusammenarbeit mit der Polizei entschieden ab. Wir kooperieren deshalb auch nicht mit dem bufas, wie die Anwälte von Frau Schwarzer fälschlich behaupten und das Gericht es in seinem Urteil ihnen nachplappert.

Soviel zu den Tatsachen, die von Schwarzers Anwälten und dem Frankfurter Landgericht als „Petitessen“ heruntergespielt werden. Die Leserschaft von Schwarzers Prostitutions-Publikation darf nunmehr mit gerichtlicher Billigung von Frau Schwarzer weiterhin an der Nase herumgeführt werden. Erst in der zweiten Auflage ist Korrektur angesagt. Man demonstriert damit, für wie intellektuell anspruchslos man die Leserschaft von Frau Schwarzer hält.

Schlussbemerkung

Das Urteil des Frankfurter Landgerichts für Schwarzer und gegen Doña Carmen e.V. ist nicht nur schmählich. Es ist zudem ein Freibrief für die von Schwarzer und ihrem Anhang losgetretene Hetze gegen all jene, die sich vorbehaltlos für die Rechte und Interessen von Frauen in der Prostitution einsetzen.

Es zeigt sich nämlich, dass ausgehend von EMMA eine Diffamierung mit System in Bewegung gesetzt wird. Schon vor rund drei Monaten, als Doña Carmen in der taz vom17. August 2013 in einer Replik zu Schwarzers unsäglichem Vergleich von Pädophilie und Prostitution kritisch Stellung bezog, zog Schwarzers EMMA mit unwahren Behauptungen – wie jetzt gerichtlich bestätigt – über die Doña-Carmen-Sprecherin Henning her:

„Kürzlich hat die taz eine scharfe Polemik pro Prostitution und contra Alice Schwarzer veröffentlicht, unterzeichnet von Doña Carmen, dem Frankfurter „Hurenverein“ von Juanita Henning. Die war zuletzt im Juni 2009 damit aufgefallen, dass sie im Namen von „77 Huren“ das Recht auf Flatrates in Bordellen forderte. Dafür schaltete sie großformatige Anzeigen in mehreren Tageszeitungen (was allein in der SZ 25.000 Euro kostete).
(Quelle: EMMA online, 21.08.2013, http://www.emma.de/artikel/wo-wird-das-gewissen-abgestellt-311632)

Ausgehend von dem von EMMA gestreuten Gerücht fand sich anschließend – mit Verweis auf EMMA – im taz-blog folgender Leser/innen-Kommentar:

„Juanita Henning ist eine zutiefst zu hinterfragende Frau. Man findet ihren Namen auch bei der Organisation schleuser.net die „Vorurteile gegenüber Menschenhändlern bekämpfen“ wollen. http://www.schleuser.net/de/p6_1.php 2009 trat sie für die „Rechte“ der Prostituierten auf Flat-Rate-Bordelle (!) ein. Wenn es wirklich ein paar Prozent freiwillige Prostituierte gibt, dann ist das sicher das allererste was sie wollen.(Ironie) Wird da nich sehr deutlich, wen Henning wirklich vertritt? 2009 schaltete Henning Anzeigen im Wert von 25.000 Euro in der SZ. http://www.emma.de/n…eroeffentlicht/ Sie scheint über Unmengen von Geldsummen zu verfügen, die nur aus dem Zuhälter- und Bordellbetreibermileu kommen können, denn Prostituierte verdienen in Deutschland längt nicht mehr so gut.So blind kann das Wunschdenken nicht sein, einer solchen Person Vertrauen zu schenken. Und dass in der TAZ (!) dieser Artikel abgedruckt wird, aber der einer erfahrenen Sozialarbeiterin, die es qua Beruf wissen muss und im Gegensatz zu Henning keine Millionen schwere Lobby hat, die ihre „Meinung beeinflussen könnte“, nicht abgedruckt wird, das ist einfach ein Skandal.“  (Quelle: Taz-blog, 23.08.2013, http://www.taz.de/!122003/)

Ebenfalls mit Bezug auf EMMA erschien das Gerücht auf den Websites von Anti-Bordell-BIs (z.B. http://www.bi-gegen-bordell.de/Presse/EMMA_21_8_2013.pdf)

Am 27.08.2013 wurde Doña-Carmen-Sprecherin Henning mit Verweis auf EMMA auf der Website „Frauen bewegen Frauen“ als Befürworterin des Straftatbestands „Gruppenvergewaltigung“ diffamiert:

„Juanita Henning ist die Fürsprecherin der wenigen freiwilligen Prostituierten -nicht der Zwangsprostituierten! – und setzt sich zudem dafür ein „Vorurteile gegen Menschenhändler“ abzubauen. http://www.schleuser.net/de/p1_1.php; http://www.schleuser.net/divers/Henning.pdf
Außerdem heißt sie Gruppenvergewaltigungen in Bordellen gut – auch unter dem Namen Flatrat Bordelle bekannt – und versteht die vielen nicht der deutschen Sprache mächtigen Prostituierten – Zwangsprostituierte aus Ostblockländern – als Beitrag zur „Völkerverständigung“.“
(Quelle: http://www.blogigo.de/Frauen_bewegen_Frauen/Wenn-Hohn-und-Spott-auf-Fakten-treffen-Realitaetsverlust/271/)

Verbreitet wurde Schwarzers 25.000-Euro-Gerücht sodann von Außenstehenden auf der Website der Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung:

„Personalie Henning – Bordellbetreiberlobby DonaCarmen Sa, 31/08/2013 – 20:59  Noch eine Anmerkung mit aktuelleren Quellen: Juanita Henning ist und war überhaupt keine Prostitutierte – dass bei DonaCarmen überhaupt Prostituierte arbeiten, ist bloß eine Behauptung. http://www.emma.de/news-artikel-seiten/kritischer-beitrag-ueber-prostitu… ABER Juanita Henning hat 2009 im Wert von über 25.000 Euro Anzeigen für Flat-Rate-Bordelle geschaltet. Eine Frage: Dona Carmen bekommt kein Geld von der Stadt Frankfurt. Wer hat so viel Geld? Und wohin fließt das Geld? Für wen ist so eine Anzeige eine lohnenswerte Investition? Vielleicht für Bordellbetreiber? Ein Schelm, wer böses dabei denkt.“
(Quelle: http://www.bszonline.de/artikel/%E2%80%9Ebordell-deutschland%E2%80%9C, vom 31.08.2013)

Nachdem Henning der Zeitschrift Brigitte ein Interview gab, fand sich auch dort im Online-Blog ein entsprechender Eintrag:

„Donna Carmen ist ein Verein mit merkwürdigem Geldfluss, wie schon mehrfach hier erwähnt. Die dort prominente Juanita Henning hat Geld, ganzseitige Werbekampagnen zu schalten, die insgesamt über 25 000 € kosteten.
Sie ist außerdem aktiv schreibende für den Verein schleuser.net. Hier ein Auszug aus der Satzung: „Wir sind eine Lobbyorganisation für Wirtschafts-Unternehmen, die sich auf den undokumentierten, grenzüberschreitenden Personenverkehr spezialisiert haben. Diese Lobby-Organisation trägt den Namen ‚Bundesverband Schleppen und Schleusen‘, in der Kurzform: ‚schleuser.net‘. Erklärtes Ziel von ‚schleuser.net‘ ist die Verbesserung des Images von SchlepperInnen und SchleuserInnen…“.
(Quelle: http://www.brigitte.de/frauen/gesellschaft/prostitutionsverbot-1181222/2.html, 29.10.2013)

Auf der EMMA-Website wird das Gerücht von interessierter Seite ständig aufs Neue lanciert und aufgewärmt:

„ Prostitution – Diskussion im Urania Ich habe den Beitrag über die „Pro-Prostitutionsfront“ gelesen und fand ihn sehr aufschlussreich. In Zeiten knapper Kassen für Frauenprojekte ist es schon erstaunlich, wo 25.000 € für eine Anzeige in der Sueddeutschen herkommen. Ich vermute mal, dass es auch während der Veranstaltung zu „Wortmeldungen“ kommen wird. Grüße Scarlett83“
(Quelle: http://www.emma.de/comment/11877#comment-11877, 12.11.2013)

Was wir hier erleben, ist ein Fall von gezielt betriebenem Polit-Stalking. Das Kalkül der von EMMA / Schwarzer ausgehenden systematischen Verbreitung von Gerüchten liegt auf der Hand: Niemand möge sich mehr bereitfinden, einen Prostituiertenverein zu unterstützen, der offenbar im Geld der Bordellbetreiber schwimmt und deren Interessen vertritt. In diffamierender Absicht nennt EMMA die Doña-Carmen-Sprecherin eine „Bordell-Lobbyistin“ (EMMA online, 21.08.2013, http://www.emma.de/artikel/die-taz-luegt-kritischer-beitrag-ueber-prostitution-abgelehnt-311651), um damit das jahrelange und gut dokumentierte Engagement von Doña Carmen für Frauen in der Prostitution – was Schwarzer nicht passt – in Misskredit zu bringen.

Man ist sich dabei für keine Peinlichkeit zu schade. Wie oben gezeigt entblöden sich die Kritiker nicht, Doña Carmen vorzuwerfen, sie sei für eine Organisation namens „schleuser.net“ bzw. einen „Bundesverband Schleppen und Schleusen“ tätig. Es ist wirklich unglaublich!

Dahinter verbirgt sich folgendes: Im Jahre 2003 war die österreichische Stadt Graz Kulturhauptstadt Europas. Es wurden viele europäische Künstler in die Stadt eingeladen, darunter eine Gruppe Münchner Künstler/innen, die sich kritisch mit der europäischen Abschiebepolitik befassten und in Graz eine Satire-Performance aufführten. Sie gaben sich den Namen „Bundesverband Schleppen und Schleusen“ und verteilten ‚offiziell‘ wirkende Broschüren, die das Publikum durch diese Kunstaktion provozieren, verunsichern und zum Nachdenken anregen sollte. Doña Carmen war im Rahmen dieser Kunstaktion nach Graz eingeladen und hat dort einen kritischen Vortrag über die europäische Politik zum ‚Menschenhandel‘ gehalten.

Heute machen irgendwelche anonymen Dummköpfe im Netz aus der Satire eine Realsatire und verbreiten allen Ernstes, Doña Carmen sei aktiv für Schlepper und Schleuser. Das passt freilich ins Bild von Frau Schwarzer und ihrem Anhang, Doña Carmen sei eine Organisation, die die Interessen von Bordellbetreibern vertreten würde.

Doña Carmen verwahrt sich entschieden gegen die Verdrehung von Tatsachen, gegen niederträchtige Stimmungsmache von Prostitutionsgegner/innen und gegen jegliche Form von Gesinnungsjustiz.

Wir vertrauen darauf, dass Menschen an Tatsachen und Fakten, nicht aber an Ammenmärchen über das Prostitutionsgewerbe und die dort tätigen Sexarbeiter/innen interessiert sind.

Auch wenn Frau Schwarzer und ihr Anhang versuchen, ihrer Leserschaft ein X für ein U vorzumachen – sie sollten sich nicht täuschen. Denn immer noch gilt das alte deutsche Sprichwort: „Lügen haben kurze Beine“.