Pressemitteilung – Offener Brief – Appell an Bundestagsabgeordnete: „Rechte und Respekt für Sexarbeit – Keine Zustimmung zum Prostituiertenschutzgesetz!“

Es ist ein Affront: Ausgerechnet am 2. Juni, dem Internationalen Hurentag, findet im Deutschen Bundestag die erste Lesung des sog. „Prostituiertenschutzgesetzes“ statt. Massiver staatlicher Zwang gegenüber Sexarbeiter/innen (gesundheitliche Zwangsberatung, behördliche Zwangsregistrierung, Zwangsouting, erniedrigende Zwangskondomisierung etc.), 50-fache rechtliche Ungleichbehandlung von Prostitution im Vergleich zu anderen Gewerben, kalkulierter Rechtsbruch (u.a. Verstoß gegen die Art. 8 der EU-Richtlinie 95/46/EG sowie gegen Art. 8 der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie), nahezu 40 Verpflichtungen für Sexarbeiterinnen, bestens geeignet als Kontroll- u. Sanktionsanlässe gegenüber den Betroffenen – das sind Kernpunkte des geplanten, durch und durch repressiven Anti-Prostitutions-Gesetzes, das nicht Prostituierte vor Zwang, sondern die Gesellschaft vor Prostitution schützt. Es macht Moral zur Richtschnur von Recht und Gesetz.

Aus Anlass der ersten Lesung am 2. Juni 2016 und der bevorstehenden Abstimmung des von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs appelliert Doña Carmen e.V. in einem „Offenen Brief an alle Bundestagsabgeordneten“, diesem Gesetz ihre Zustimmung zu verweigern. Wer stets vehement „Selbstbestimmung“ einfordert, wenn es um Prostitution geht, sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen und sich bei der Abstimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf der Fremdbestimmung durch den Fraktionszwang der eigenen Partei widersetzen und mit ‚Nein‘ stimmen.

Am 2. Juni, dem Internationalen Hurentag, erscheint zudem eine großformatige Anzeige in zwei überregionalen Tageszeitungen (taz, junge Welt). Unter der Überschrift „Schämt Euch!“ verweisen die unterzeichnenden Organisationen Doña Carmen e.V., voice4sexworkers, sexworker.at / Österreich sowie die französische Hurengewerkschaft STRASS (Syndicat du Travail Sexuel) auf die Verantwortung der Bundestagsabgeordneten angesichts des zu erwartenden Leids, des Elends und der Verzweiflung, die mit dem geplanten „Prostituiertenschutzgesetz“ auf die Betroffenen zukommen werden. „Politiker/innen, die noch einen Funken Anstand und einen Rest Gewissen besitzen, sind aufgefordert, diesem schändlichen Gesetz nicht zuzustimmen!“, heißt es in dem gemeinsam veröffentlichten Aufruf.