Offener Brief an die Münchner Stadtrats-Fraktion

An die Münchner Stadtrats-Fraktionen

von CSU, SPD, Die Grünen – rosa liste, Fraktion Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung (FTB), Bayernpartei, Freie Wähler, DIE LINKE, ÖDP und ALFA

Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes – hier:  Ihr Beschluss „Personalmehrung im Zuge der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in der STI-Beratung des RGU – Produkt 5310010 Gesundheits- und Infektionsschutz“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Doña Carmen e.V., der Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten, wendet sich mit diesem Schreiben an Sie aus Sorge um den von der Stadt München beschlossenen Umgang mit Sexarbeit.

Der Gesundheitsausschuss der Stadt München hat in seiner Sitzung vom 08.12. 2016 den oben genannten Beschluss zur Ausgestaltung der gesundheitlichen Pflichtuntersuchung von Sexarbeiter/innen gefasst. Die Vollversammlung des Münchner Stadtrats hat diesen Beschluss auf seiner Sitzung vom 14.12.2016 einstimmig bestätigt.

Wie aus der diesem Schreiben beigefügten Analyse der Beschlüsse hinsichtlich deren Auswirkungen auf Sexarbeiter/innen deutlich hervorgeht, hat die in München beschlossene Ausgestaltung der gesundheitlichen Pflichtberatung zur Folge,

  • dass tausende Sexarbeiter/innen bei der gesundheitlichen Pflichtberatung in München mit Wartezeiten von einem halben bis zu anderthalb Jahren zu rechnen haben, um sich einer von ihnen nicht gewollten Beratung zu unterziehen, für die sie zu allem Überfluss auch noch zur Kasse gebeten werden;
  • dass die behördlich verursachten Wartezeiten für die Betroffenen ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Tätigkeitsverbot zur Folge haben, was einem Berufsverbot durch die Hintertür gleichkommt;
  • dass Sexarbeiter/innen in München infolgedessen zu Tausenden rechtlos gestellt und durch behördliches Handeln systematisch in die Illegalität gedrängt werden.

Dass Sie die in München tätigen Sexarbeiter/innen obendrein noch mit einer Zwangsgebühr von – vorerst – 35 € an der Ko-Finanzierung ihrer eigenen Illegalisierung und Kriminalisierung beteiligen, ist ein starkes Stück.

Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie eindringlich auffordern, die von uns in der beiliegenden Analyse vorgetragenen Einwände gegen die genannten Beschlüsse einer genauen Prüfung zu unterziehen und besagte Beschlüsse umgehend zurückzunehmen.

Wir fordern Sie auf, alles zu unterlassen, was die grundgesetzlich garantierte
Berufsfreiheit von Sexarbeiter/innen in der Prostitution einschränken könnte.

In Erwartung entsprechender politischer Initiativen Ihrerseits verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen
gez.
Juanita Henning
(Sprecherin von Doña Carmen e.V.)

Anhang / Beilage

Illegalität per Gesetz:
Vorprogrammiertes Chaos – Stadt München zwingt Sexarbeiter/innen in den Untergrund / Eine Stellungnahme von Doña Carmen e.V., 28. 02.2017