Am 1. November 2014 veröffentlicht die Tageszeitung ‚taz‘ den von Doña Carmen e.V. initiierten und mittlerweile von vielen Einzelpersonen und Organisationen unterzeichneten Aufruf „Zwangsregistrierung sämtlicher Sexarbeiter/innen – NICHT MIT UNS!“. Der Aufruf wendet sich gegen die von der Bundesregierung geplante Einführung einer Meldepflicht für Sexarbeiter/innen samt einem dazugehörigen Hurenpass. So heißt es dazu in einem Eckpunkte-Papier der Bundesregierung vom 14.08.2014:
„Für Prostituierte soll eine Anmelde?/ Anzeigepflicht (jeweils bei Aufnahme der gewerbs-mäßigen Prostitution in einer Kommune) eingeführt werden. Für Prostituierte, die sich bei der zuständigen Behörde angemeldet haben, wird ein Nachweisdokument eingeführt, das z.B. gegenüber Bordellbetreibenden, Behörden und ggfs. gegenüber Kunden vorgelegt werden kann.“
Der in der ‚taz‘ veröffentlichte Aufruf ist ein deutliches Signal an die Bundesregierung, von ihrem zweifelhaften und höchst problematischen Ansinnen umgehend Abstand zu nehmen. Der von vielen Sexarbeiter/innen und Organisationen im Bereich Sexarbeit unterzeichnete Aufruf verdeutlicht, dass die Bundesregierung mit ihrem Vorhaben gegen den bekundeten Willen der Betroffenen handelt. Sie sehen in der ausschließlich der Berufsgruppe der Sexarbeiter/innen auferlegten Meldepflicht eine diskriminierende Sonderbehandlung mit fragwürdigen historischen Bezügen. Der Aufruf findet zudem eine beachtliche internationale Resonanz. Sie ist Ausdruck einer wachsenden Besorgnis, dass sich die Bundesrepublik Deutschland auch im europäischen und internationalen Kontext wieder zum Fürsprecher einer überwunden geglaubten repressiven Prostitutions-Reglementierung macht.
Der von Doña Carmen e.V. initiierte Aufruf ist Teil eines zunehmend breiter werdenden Widerstands gegen die geplante Zwangsregistrierung. Bereits in der Bundestagsanhörung im Juni 2014 sprachen sich u. a. die Deutsche AIDS-Hilfe e.V., die Vereinte Dienstleistungs-gewerkschaft ver.di. und das Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiter/innen e.V. (bufas) gegen die Meldepflicht aus. Der Bundesverband Ärzte/innen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V., die Diakonie Deutschland und der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. machten zumindest erhebliche Bedenken geltend. Mittlerweile lehnt auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) das Vorhaben ab.
Erfreulich ist, dass der Bundesvorstand der Piratenpartei sowie der Bundessprecher/innen-Rat der Jugendorganisation der Linkspartei den in der ‚taz‘ veröffentlichten Aufruf gegen Zwangsregistrierung unterstützen. Inzwischen hat sich auch die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen gegen die Meldepflicht für Sexarbeiter/innen positioniert.
Doña Carmen e.V. wird auch weiterhin alles daran setzen, dass die von Kontrollwahn und Überwachungsparanoia inspirierten Zwangsregistrierungs-Pläne der Bundesregierung zu Fall kommen und der Widerstand dagegen vor allem auch unter den betroffenen migrantischen Sexarbeiter/innen zum Thema wird. Die vom 7. bis 9. November stattfindenden „3. Frankfurter Prostitutionstage“ bieten ein Forum, wo über weitere Schritte gegen die geplante Zwangsregistrierung beraten wird.
Aufruf
Bundesregierung plant:
Zwangsregistrierung sämtlicher Sexarbeiterinnen
NICHT MIT UNS !
Als Teil einer repressiven Neureglementierung von Prostitution sollen sich Sexarbeiterinnen nach Plänen von Bundesfamilienministerin Schwesig (SPD) künftig bei jeder Kommune an- bzw. abmelden müssen. Angeblich zu ihrem Schutz!
Diesen „Schutz“ haben Sexarbeiter/innen niemals von der Regierung verlangt!
In der Anhörung des Bundesfamilienministeriums vom 12. Juni 2014 in Berlin sehen weitergehende Überlegungen ein „zentrales Prostitutionsregister“ samt „Prostitutionskarte mit Lichtbildausweis“ für Sexarbeiter/innen vor. Die von der Regierung geplante Zwangsregistrierung zielt auf ein komplettes Bewegungsprofil von Frauen in der Prostitution. Es geht um Überwachung, nicht um Schutz. Die Anmeldepflicht macht sie zu Objekten weiterer Einschränkungen ihrer bürgerlichen Rechte.
Wir erinnern daran: Die letzte staatlich verordnete Erfassung von Prostituierten erfolgte unter den Nationalsozialisten im Runderlass des Reichsinnenministers von 1939! Hat die Bundesregierung aus der Geschichte nichts gelernt?
Wir erklären: Solange Sexarbeiter/innen durch zahlreiche Sonderbestimmungen im Straf- Ordnungs-, Polizei- und Ausländerrecht immer noch rechtlich diskriminiert und gesellschaftlich stigmatisiert werden und ihnen dadurch die Gleichbehandlung mit anderen Berufsgruppen verweigert wird,
solange nehmen davon Betroffene vollkommen zu Recht den Schutz der Anonymität für sich in Anspruch.
Keine andere Berufsgruppe hierzulande wird derart zwangsregistriert. Zwangsregistrierung bedeutet Zwangsouting! Oder Abdrängung in die Grauzone der Illegalität! Eine Wahl zwischen Cholera und Pest.
Dazu sagen wir:
NEIN! NICHT MIT UNS!
Unterzeichner/innen: Sexarbeiter/innen aus Frankfurt/Main: Bulgarien: Anna, Eliza, Janet, Mana,Petti, Viktoria; Deutschland: Andrea, Anne, Chaba, Doris, Helena, Michaela, Ruby, Samantha, Sophia; Frankreich: Diana; Kolumbien / Dominikanische Republik / Spanien: Alexandra, Alexandra, Angela, Anna, Anna, Ania, Barbie, Carla, Cathy, Carmen, Carolina, Deborah, Francy, Gosia, Isabel, Jesenia, Julia, Jesica, Lucia, Liliane, Mancela, Maria, Merade, Milena, Nicole, Paulina, Sandra, Sonia, Teresa, Valeria; Rumänien: Alina, Andrea, Ariana, Bety, Bianka, Carla, Catalina, Claudia, Christina, Cristina, Cristina, Daiana, Denisa, Elin, Eliza, Julia, Julye, Laura, Loredana, Lori, Maria, Maria, Mikaela, Natalia, Roxana, Roxana, Roxana, Silvia, Sisa; Thailand: Emmy, Kim, Sandy
Organisationen: AG Queeraten der Piratenpartei Deutschland; Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD); Bundessprecher/innenrat Linksjugend Solid (Jugendorganisation der Partei DIE LINKE); Bundesvorstand Piratenpartei Deutschland; Colectivo Hetaira – Colectivo en defensa de los derechos de las trabajadoras del sexo (Madrid / Spanien); Die Datenschützer Rhein-Main; Digitalcourage e.V.,Bielefeld; Doña Carmen e.V., Frankfurt; Initiative freiheitsfoo; LEFO / TAMPEP (Österreich); maiz – Autonomes Zentrum von und für Migrantinnen (Linz / Österreich); Rote Hilfe Nürnberg e.V.; Schluss-Strich e.V.(Sachsen); SCOT-PEP (Edinburgh/ Schottland); Christian Knappik, Sexworker.at / Österreich; Beratungsstelle Sperrgebiet, Hamburg; Strass Syndicat du Travail Sexuel / Frankreich; TAMPEP Germany – Project INDOORS; Voice4Sexworkers; Wildwasser Selbsthilfe & Beratung, Berlin
Weitere Einzelpersonen: Lale Aksöz, Alice Escort, Alina Escort Muc, Eva Alter, Amber, Amanda Abascal, Anja, Anonymiss, Antonia, Ariane, Armin A. Alexander Asra, Zoe Bakker (Red Umbrella / Amsterdam), Balberith, Martina Baltkaline, Amit Bakshi, Yasmin Bakshi, Dani Barreto, Erika S. Becker, Theodora Becker, Jan Beierle, Bella, Dana Berger, Bernd, Antje Bertelsmann, Berührerin, Bienemaya, H. Bieker, Helga Bilitewski, Zaza Billaudelle, Linos Bitterling, Björn, Angela Blanc, Alice Blum, Bodersohn, J. Bohn, Siân Bradley, Hermes Cali, Nina Carle, Sara Ceballos, Iveta Chovancova (Bratislava / Slowakei), Christin, R.Cicek, Claaßen-Fischer, Nicole Claudia, Gördi Lein, Claudius, Stephan Clemes, Coconut, Les Complices, Daniel Cremer, Dr. D., Dame für Dich, Alejandro Dalenz, Miss Daria, Johanna de Boer, Undine de Reviere, Marion del Pozc, Becci Devot, Rayna Dimitrova (Health & Social Development Foundation, Sofia / Bulgarien), Sven Dirks, Ditsche, Sonja Dolinsek, Dolly Maze, Doris, Sina Doughan, Matthias T.J. Grimme Drachenmann, Dr. Julia Dressler, Mike Dressler, Fatime Dunmaz, Davina Dust, Michaela E., Elouise, Mia Ender, Julia Esser, Bernd Fachinger, Holger Fehmel, Feuchte Lust, Rüdiger Fischer, A. Franken, H. Franzke, Lara Freudmann, Fabienne Freymadl, Klaus Fricke, Andrea Fuchs, Steffen Fürst, Francisca Funk, Günter Funk, Miriam G., Petra G., Geiles_Paar_GM, Andreas Gerold, Giovanna Gilges, Göttmann, Gotland Fünf, Frank Gottfried, Anita Grabowski, Gudrun Greve, Maik H., Meredith Haaf, Andre Habermehl, Courtney Hammett, Jane Hannon, Daniel Hauck, U. Hechter, Heisler, Kimara Helki, H. Hellbernd, Christian Heller, Eliana Helmholtz, Carmen Briz Hernández, Journalistin (Madrid / Spanien), Shawna Hill, Beate Hinrichs, Jenny Hochstätter,Tino Hoffmann, Lala Holunder, Hombach, Hans-W. Hommer, Thomas Horender, Zoya Honarmand, Gordon Hunter, JedeSündeWert, Jessy, Jewel (Sexworker / Schottland), JJoker, Jolie, Kolja Jona, Josefina, Juliana da Costa Jose, Katharina Jost, Eckart Josewski, Julie, Julie, Tina Kaden, Kaja, Liad Hussein Kantorowicz, KaPe, Karo, C. Kashe-Jones, Katy, Kallia Kefala, Aurora Kellermann, Markus Kempken, Helmut Kissel, Jildiz Koca, H. Kordes, Korephot, Simon Kowalewski (Piratenfraktion / MdA Berlin), Conni Krämer, Angeles Krause, Esau Kran, Marko Krebs, Kristina Marlen, Sebastian Krüger, Joscha Krutzki, Jenny Künkel, Dietmar Kuschke (Die Linke),Veronique Lachatte, Lady Dominant, Lady_Fist, Lady Nadja, Lady Ramirez, Lady Sun, Lady Tanja, LarissaXxl4You, Thomas Larson, Laura Lee (Schottland), Christina Lehr, Carol Leigh (Scarlot Harlot) / USA, Matthias Lehmann (Belfast / Irland), Isolda MacLiam, Lilien, Lilli, Lily, Sebastian Lisken, Lea Luestern, Lula, Luna, Luzie, Anna Luzzi (Terni / Italien), Nadine M., Angelika Maaß, Paola Gioia Macioti, Martin Macke, Madame Ellen, Boryana Madzhova (Bulgarien), Alexander Mahr, Antonio Maia, Paul Maier, Max Mangold, Robert Manigk, Iris Marei, Maria (Gerona / Spanien), Marie, Tullio Mariotti, Claus Martin, Sarri Mathia, Matthias, MauMo, Julian Meding, Ronja Meier (Sexworker), Meli, Raquel Mendes, Ann Miller, Muckla Miu, J. Möller, Daniel Möring, Miss Molli81, Barbara Momreu, Daniel Montana, Ellinor Morak, Lena Morgenroth, Hannah Morgenstern, Tobias Morscher, Melanie Mundt, Veronica Munk, Voskre NaumoskaIlieva (Mazedonien), Nazili, Mascha Nells, Harm Neitzel, Jürgen Neuwirth, Arno Nym, Marion Oeljeklaus, Ohan, Julijana Ohrid, Ahmet Okatan, J. Okatz, Padeluun, Simon Paetau, Ronald Papst (Lobbycontrol), Coco Paul, Harald Paul, PC Flüsterer, Doris Perle, Perruz, Unica Peters, Piemak, Pierced_SinflowerXL, Moritz Piontek, Dennis Plagge, Rainer Pommrich, Ponyo, Paul Powlak, Petra Preiß, Hagen Prowatke, Roman Prussu, Antje Prust, Manuel Pulitisch, Kerstin Di Puma, Rafael R., Eileen Rahn, Rebus, Sandra Redzovic, Rüdiger Reitmeier, Jan Rentmeister, Liz Resufeld, Rico, Dennis Riehle, Paul Riemann, Ruth Ingeborg Rieß, Diogi Rochen, Dr. Marko Roczen, Rolliman, N. Roth, Wolfgang Russ, Amelia S., M. S. (Utrecht), Margot S., Werner S., Sadistin Eva, Gloria Sakura, Salomé, Sarah, Toré Lius Saries, F.T. Schechner, Wiltrud Schenk, B. Schipke, Schlomo, Juliane Schmidt, Sascha Schmidt, Michael Schneider, Andrea Scholz, Schopp, Thomas Schrage, H. Schreiner, Hinrich Schultze, P. Schwarz, Martina Schween, Sarah Schwital, Todd Sekulber, Shaghaghi, Sara Sikari, Gerta Siller (Grüne Wuppertal), Magdalena Simstich, Sina, Soft Lady Tanja, Tanja Sommer, T. Speima, SpitShone, Annie Sprinkle (USA), Emma Steel, Julia Stempel, Jürgen Stintzing, Alexandra Strickmann, Jutta Sturm, Michael Stürmer, Frauke Sundlach, Summer Rain, Statler, Adir Tekin, Margarete Tjaden- Steinhauer, Tiki, Attila Török, Tom, Wolfgang Trittin, Hans Unstern Matthias Vernaldi, Daniel Vette, Georg Völkl, Felix Vogel, Vanessa Vogel, Lucia Vogt, Maila W., Thorsten W., Silke Wagner, Benjamin Wand, Robert Wande, Dennis van Wanrooij (Red Umbrella / Amsterdam), C. Wastian, Johanna Weber, Weck, Janina Weiß, Thomas Weiss, Johanna Wieczorek, Dat Wölfchen, Andreas Wilcke, Sabrina Winter, Norbert Woermann, Chris W., S. Wollner, Jörn Wollschläger, Andreas Wurf, Gregor Zalther, Rene Zeltner, Elmar Zweitau
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Doña Carmen e.V., Frankfurter Sparkasse,
IBAN: DE68 5005 0201 0000 4661 66; BIC: HELADEF 1822
INFO: 3. Frankfurter Prostitutionstage vom 07. – 09. Nov.’14 THEMA: „Registrierung & Erlaubnispflicht“
ViSdP: Juanita Henning, c/o Doña Carmen e.V., Elbestraße 41,
60329 Frankfurt; Tel / Fax: 069 7675 2880;
Mail: donacarmen@t-online.de; Web: www.donacarmen.de