Noch mehr Existenzunsicherheit:

Drohender Verlust der Erlaubnisse zum Betreiben eines Prostitutionsgewerbes

 

Sexarbeiter*innen leiden gegenwärtig nicht nur unter den lang anhaltenden Schließungen von Prostitutionsstätten, sondern sehen sich in zunehmendem Maße auch damit konfrontiert, dass die Zahl der Prostitutions-Etablissements in der Zeit nach Corona weitaus geringer sein dürfte als zu den Zeiten vor Covid-19.

Der Grund dafür liegt nicht nur darin, dass Betreiber*innen von Prostitutionsstätten die mit den Dauerschließungen und deren Folgen verbundenen Kosten nicht mehr stemmen können. Fatale Folgen könnte auch das Zusammenspiel von Corona-Verordnungen und Prostituiertenschutzgesetz haben, worüber sich viele Betreiber*innen von Prostitutionsstätten möglicherweise gar nicht im Klaren sind.

Denn Betreiber*innen laufen Gefahr, eine bereits genehmigte Betriebserlaubnis dann wieder zu verlieren, wenn die zuständige Ordnungsbehörde davon ausgeht, dass sie „den Betrieb seit einem Jahr nicht mehr ausgeübt“ haben.

So jedenfalls sieht es § 22 Prostituiertenschutzgesetz vor, in dessen Begründung es heißt:

„Nutzt die Erlaubnisinhaberin oder der Erlaubnisinhaber die ihr oder ihm erteilte Erlaubnis nicht, so erlischt diese regelmäßig nach einem Jahr. Nach dieser Frist kann nicht mehr ohne weiteres vom Fortbestand der Erlaubnisvoraussetzungen ausgegangen werden. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden.“

(https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/085/1808556.pdf, S. 87).

Mittlerweile haben die Bundesländer Hessen und Mecklenburg-Vorpommern per Corona-Verordnung eine durchgängige Schließung von Prostitutionsgewerben verfügt, die in beiden Bundesländern bereits länger als ein Jahr andauert (Stand 22.03.2021: 373 Tage). Inhaber*innen einer Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte sind damit akut vom „Erlöschen“ ihrer Betriebserlaubnis bedroht, sofern sie nicht eine Fristverlängerung beantragen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gab es bis zum Jahresende 2019 (letzte veröffentlichte Zahl der Bundesbehörde) in Hessen 86 und in Mecklenburg-Vorpommern 56 konzessionierte Prostitutionsbetriebe, die von einer möglichen §-22-Löschung der Erlaubnis betroffen sind.

Von einem automatischen Erlöschen der Erlaubnis wären aber beispielsweise auch Prostitutionsbetriebe in Baden-Württemberg bedroht, sofern sie 2020 während der ausgesprochen kurzen, nämlich nur 3 Wochen dauernden Unterbrechung des Bordell-Lockdowns ihren Betrieb nicht sofort wieder aufgenommen haben. In Rheinland-Pfalz betrug die „Lockerungsphase“ bei Prostitutionsstätten 2020 gerade einmal viereinhalb Wochen. Vorher und nachher waren bzw. sind Prostitutionsstätten per Verordnung geschlossen.

Aus der Sicht von Sexarbeiter*innen ist es nicht hinnehmbar, dass Prostitutionsstätten im Zuge von Corona fahrlässig oder mutwillig zusätzlichen Gefahren einer Schließung ausgesetzt werden. Ohnehin durch die Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes minimierte Beschäftigungsmöglichkeiten von Sexarbeiter*innen in Prostitutionsstätten dürfen nicht noch weiter aufs Spiel gesetzt werden. Es kann nicht sein, dass Betreiber*innen von Prostitutionsstätten dem Risiko des Verlustes ihrer Konzession ausgesetzt werden, nur weil sie in Unkenntnis des Inhalts von § 22 ProstSchG eine Frist versäumen.

Vor diesem Hintergrund und um von vornherein alle Unwägbarkeiten auszuschließen, die mit einem möglicherweise automatisch erfolgenden Erlöschen von Bordell-Konzessionen verbunden sind, fordert Doña Carmen e.V. von der Bundesregierung, eine pandemiebedingte Aussetzung des § 22 ProstSchG rechtsverbindlich zu regeln.

Die für die Erlaubniserteilung zuständigen kommunalen Ordnungsbehörden sind vorab von den Innenministern der Länder anzuweisen, nicht automatisch vom Erlöschen einer Prostitutionsstätten-Erlaubnis auszugehen, sofern die Nicht-Nutzung von Prostitutionsstätten den lang andauernden Schließungen im Zuge der Corona-Politik von Bund und Ländern geschuldet ist.

 

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