Pressemitteilung

Anhörung zur „Situation der Prostituierten in Bayern“
als Auftakt zur Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes

Auf Initiative der Fraktionen von FDP und DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag führt der Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie am 12. Mai 2022 in München eine Expertenanhörung zur Situation der Prostituierten in Bayern und zur Umsetzung des Prostituiertenschutz-gesetzes in Bayern durch.
Zu dieser Anhörung ist auch eine Vertreterin von Doña Carmen e.V., Verein für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten, als Sachverständige geladen.
Die Experten-Anhörung im Sozialausschuss des Bayerischen Landtags findet im Vorfeld der Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes statt, die in diesem Jahr in Angriff genommen werden soll. Doña Carmen e.V. plädiert für eine faktenbasierte Evaluation. Prostitution ist ein rechtlich anerkannter Beruf und steht unter dem Schutz von Art. 12 GG („Berufsfreiheit“). Das ist der Maßstab, an dem sich das ProstSchG und seine Umsetzung im Bund als auch in Bayern messen lassen müssen.

Doña Carmen e.V. wertet die 2017 erfolgte Einführung von Zwangsberatungen und Zwangsregistrierungen inklusive eines Hurenpasses für Sexarbeiter*innen nicht als Schutz der Berufsfreiheit, sondern als das genaue Gegenteil, als eine Aushebelung der Berufsfreiheit, die zudem ganz und gar überflüssig ist.
Mit seiner ursprünglichen Intention, durch vermehrte Aufsichtsinstrumente immer mehr Opfer von Rotlicht-Kriminalität und „Zwangsprostitution“ zu identifizieren, ist der Gesetzgeber krachend gescheitert.

Trotz der mittlerweile mehr als 200.000 Zwangs-beratungen, denen sich Sexarbeiter*innen unterziehen mussten, ist die Zahl der von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen bei einschlägigen Rotlicht-Delikten (Ausbeutung, Zuhälterei, Menschenhandel und Zwangsprostitution) in den vier Jahren nach der Einführung des ProstSchG im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum vor Inkrafttreten des Gesetzes um 22 % geringer.

Die rückläufigen Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik bezüglich Rotlicht-Kriminalität werden bestätigt durch Angaben des Bundestatistikamts. So hat es beispielsweise 2019 bei insgesamt 14.426 Verwaltungsvorgängen im Zusammenhang der Registrierung von Sexarbeitenden lediglich 78 Ablehnungen bei der Erteilung von Hurenpässen gegeben. Das entspricht einem Prozentsatz von 0,5 %.

Der vermeintliche „Schutz“, den man den Sexarbeiter*innen angedient hat, hat sich als nicht erforderlich erwiesen. Daher gehört das repressive Prostituiertenschutzgesetz samt der nach wie vor bestehenden strafrechtlichen Reglementierung von Prostitution abgeschafft. Die Bundesregierung sollte sich diesbezüglich ein Beispiel an Belgien nehmen, das ebenfalls dabei ist, die strafrechtliche Reglementierung von Prostitution aufzuheben.

Nach Berechnungen von Doña Carmen e.V. gehen in Bayern rund 14.000 Sexarbeiter*innen der Prostitution nach, lediglich 12 % von ihnen ohne den obligatorischen Hurenpass.

Prostitution sollte nach Dafürhalten von Doña Carmen e.V. rechtlich reguliert werden jenseits eines prostitutionsspezifischen Sonderstrafrechts. Statt eines „Weiter so“ im Sinne diskriminierender Sonderbehandlung bedarf es einer längst überfälligen gesellschaftlichen Anerkennung von Sexarbeit auf der Grundlage einer rechtlichen Gleichbehandlung mit anderen Berufen.