Pressemitteilung –

Internationaler Hurentag 2018: „Behörden vertuschen Ausmaß der Illegalisierung von Sexarbeit durch Prostituiertenschutzgesetz“

In mindestens sechs Bundesländern (Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Saarland) liegt nach Auswertung zugänglicher Informationen und Berechnungen von Doña Carmen die Illegalisierungs-Quote, d.h. die Zahl derjenigen Sexarbeiter/innen, die trotz Registrierungszwang ohne Hurenpass in der Prostitution arbeiten, aktuell zwischen 60 % und 80 %.

Die z. T. höheren Quoten hinsichtlich der Registrierung von Sexarbeit in Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg sind nicht etwa auf eine größere Beliebtheit dieses Gesetzes in jenen Bundesländern zurückzuführen, sondern auf eine traditionell höhere polizeiliche Kontrolldichte im dortigen Prostitutionsgewerbe. Eine Reihe von Bundesländern zeichnen sich aus durch Intransparenz in der Kommunikation der bisherigen Ergebnisse hinsichtlich der Umsetzung des Prostitutionsgesetzes. Einige Bundesländer im Osten Deutschlands hadern noch immer mit der Umsetzung des Gesetzes, das offiziell seit dem 1. Juli 2017 in Kraft ist.

Die hohen Illegalisierungs-Quoten verdeutlichen eine insgesamt geringe Akzeptanz des Prostituiertenschutzgesetzes unter den betroffenen Sexarbeiter/innen und signalisieren eine Abstimmung mit den Füßen.

Diese klar erkennbare Tendenz, die nicht mit Behördenversagen („Berliner Verhältnisse“ etc.) erklärt werden kann, wird gleichwohl von den zuständigen Behörden in einer Mischung aus Hilflosigkeit und Inkompetenz schöngeredet und vertuscht.

Es besteht zwar für die zuständigen Behörden keine gesetzliche Verpflichtung, über die Folgen der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes regelmäßig Bericht zu erstatten. Dennoch erscheint es angesichts der sich abzeichnenden Verhältnisse ein Unding, bis zum Vorliegen der Evaluation im Jahre 2025 zuzuwarten und für ein „Weiter so“ bei der Umsetzung dieses Gesetzes zu plädieren.

Mindestens ebenso bedenklich wie der Umgang mit Sexarbeiter/innen ist der sich abzeichnende der Umgang mit Prostitutionsbetrieben. Selbst eine in ihrer Wohnung allein tätige Sexarbeiterin gilt – obwohl sie kein „Prostitutionsgewerbe“ darstellt – nach den Vorgaben des Prostituiertenschutzgesetzes als Inhaberin einer „Prostitutionsstätte“ und ihr Vermieter als konzessionspflichtiger Bordellbetreiber. Die Konsequenzen dieser absurden rechtlichen Konstellation werden sich in den kommenden Monaten abzeichnen, sind aber vorhersehbar: Mit einem Massensterben im Bereich der Wohnungsprostitution und kleiner, bislang unscheinbar betriebener bordellartiger Einrichtungen ist zu rechnen.

Immer mehr erweist sich, dass Prostituiertenschutzgesetz als ein Mittel der Arbeitsplatz- und Existenzvernichtung sowohl für Sexarbeiter/innen als auch für Menschen, die Etablissements im Bereich Prostitution betreiben.

Eine Erklärung dafür, was das mit „Schutz von Prostituierten“ zu tun haben soll, bleiben politisch Verantwortliche und zuständige Behörden schuldig.

Doña Carmen e.V. kämpft weiterhin gegen ein Gesetz, dass Prostituierte diskriminiert und sie in die kriminelle Ecke abschiebt. Am 1. Juni 2018 findet dazu in Frankfurt ein von Doña Carmen organisiertes bundesweites „Frankfurter Meeting Prostitution“ statt. Ein zentrales Anliegen dieses Treffens sowie der Arbeit von Doña Carmen e.V. ist es, über die vielfältigen negativen Auswirkungen des Prostituiertenschutzgesetzes aufzuklären und unter der Leitlinie „Aussetzen statt Umsetzen“ Schlimmeres zu vermeiden.

Hinzu kommt: Noch in diesem Jahr ist mit einer Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts zum Prostituiertenschutzgesetz zu rechnen.

Rechte und Anerkennung für Sexarbeiter/innen!
Nein zum Prostituiertenschutzgesetz!