Aus Anlass der jüngsten Polizeiaktion gegen migrantische Sexarbeiter*innen im Frankfurter Bahnhofsviertel möchte Doña Carmen e.V. auf eine Aussage Theodor W. Adornos verweisen, die nach 58 Jahren bedauerlicherweise nichts an ihrer Aktualität eingebüßt hat:
„Die Techniken der Razzien; die Schließung der Bordelle, welche die Prostitution erst zu dem Ärgernis erniedrigt, das man ihr vorwirft; der Eifer, der irgendwelche Viertel für besonders bedroht erklärt, um dann über das Überhandnehmen der Huren dort sich zu entrüsten, wohin sie flüchten müssen – wie die Juden sollen sie keine Bleibe haben, – all das bezeugt eine Gesinnung, die zwar über die Entwürdigung des Eros zetert, aber alles tut, um ihn noch mal zu entwürdigen: zur Glücklosigkeit zu verurteilen… der Schaden den sie stifteten, der Anstoß, den sie erregten, ist nichtig, keiner brauchte sich bei ihnen aufzuhalten, der sie nicht sehen will, vollends nicht, wenn die Bordelle toleriert würden. Wem von den Jugendlichen, denen die Zeitungskioske gewidmet sind, der Anblick eines Straßenmädchens viel Neues bietet, ist ungewiss, das Unheil, das er anrichten könnte, ist fiktiv“.
(Theodor W. Adorno, „Sexualtabus und Recht heute“, 1963 in: Eingriffe, Neun kritische Modelle, Gesammelte Schriften 10-2. S. 533 ff. Das Zitat haben wir zuletzt veröffentlicht in La Muchacha, Nr. 7, 2007)