FDP fragt nach Zuständigkeit des ‚Sozialpsychiatrischen Dienstes‘
Am 5. November 2021 hat der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, Yanki Pürsün, dort eine ‚Kleine Anfrage‘ eingebracht. Im Anschluss an eine Protestaktion von Doña Carmen e.V. vor dem Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises geht es in der FDP-Anfrage um inquisitorische Verhörpraktiken im Rahmen der „gesundheitlichen Beratung“ von Sexarbeiterinnen nach § 10 Prostituiertenschutzgesetz, insbesondere aber um die fragwürdige Regel-Zuständigkeit des „Sozialpsychiatrischen Dienstes“ diesbezüglich (vgl. http://starweb.hessen.de/cache/DRS/20/5/06665.pdf).
Bereits in den vergangenen Jahren hat Doña Carmen e.V. diese Zuständigkeit im Falle des Gesundheitsamtes Marburg-Biedenkopf sowie des Gesundheitsamtes der Stadt Offenbach scharf kritisiert und seinerzeit eine ‚zivilgesellschaftliche Anhörung‘ zu dieser Problematik initiiert, in der die kritische Position von Doña Carmen auf breite Resonanz stieß.
Yanki Pürsün (FDP) hatte daraufhin bereits 2019 eine kritische Anfrage im Hessischen Landtag eingebracht, die jedoch vom Grünen geführten Hessischen Sozialministerium reichlich arrogant beiseite gewischt wurde.
(vgl. http://starweb.hessen.de/cache/DRS/20/8/00888.pdf).
FDP-Mann Pürsün blieb jedoch hartnäckig. So nahm er den erneuten Eklat im Main-Kinzig-Kreis (vgl. https://www.donacarmen.de/sexarbeiterinnen-protestieren-vor-gesundheitsamt-des-main-kinzig-kreises/) zum Anlass, den Hessischen Landtag abermals mit der fragwürdigen Praxis der gesundheitlichen Beratung von Sexarbeiter*innen in der Regie eines Sozialpsychiatrischen Dienstes en Detail zu konfrontieren.
„Einhaltung der parlamentarischen Sitte“
So nahm er alle Fragen einer von Doña Carmen kritisierten gesundheitlichen Zwangsberatung von Sexarbeiter*innen in die Anfrage auf, und erspart den Abgeordneten damit nicht, sich mit den Niederungen der Sexarbeits-Kontrolle in Hessen zu befassen. Respekt!
Allerdings nahm Pürsün auf Empfindlichkeiten des Parlaments Rücksicht, als er schrieb:
„..einige Zitate wurden zur Einhaltung der parlamentarischen Sitte gepixelt aufgeführt, sind jedoch auf folgender Website einsehbar: https://www.donacarmen.de/sexarbeiterinnen-protestieren-vorgesundheitsamt-des-main-kinzig-kreises/).“
(vgl. http://starweb.hessen.de/cache/DRS/20/5/06665.pdf)
Offenbar sind Begriffe wie etwa „lecken“ und „blasen“ im Kontext sexueller Dienstleistungen den hessischen Abgeordneten in dieser Direktheit nicht zumutbar. Die FDP-Anfrage endet mit folgendem Fragenkatalog:
„Ich frage die Landesregierung:
1. Schränkt das Prostituiertenschutzgesetz die Gültigkeit des Grundgesetzes, insb. die Artikel 1, 2 und 12, für Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen ein?
2. Wie bewertet die Landesregierung die Kritik von Organisationen wie Dona Carmen e.V. an der Anwendung des Prostituiertenschutzgesetzes?
3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen jegliche Gesundheitsberatung kritiklos hinnehmen müssen?
4. In welchem Kontext hält die Landesregierung die oben aufgeführten Fragen jeweils für angemessen?
5. Sieht die Landesregierung aktuell Handlungsbedarf bezüglich der Gesundheitsberatung im Rahmen des Prostituiertenschutzgesetzes?“
Wir sind gespannt auf die jetzige Antwort der schwarz-grünen Landesregierung.
Doña Carmen e.V. fordert die Abschaffung der diskriminierenden und stigmatisierenden Zuständigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes für die gesundheitliche Zwangsberatung von Sexarbeiter*innen durch eine entsprechende Festlegung im Erlass zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in Hessen.
Denn das Prostituiertenschutzgesetz sieht in der Begründung zu § 9 ProstSchG eine Zuständigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes nur in Einzelfällen („Maßnahmen bei Beratungsbedarf“) vor, nicht aber im Regelfall. Letzteres aber ist durchweg diskriminierend und nicht hinnehmbar. FDP-Initiative-1
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