Wikileaks-Enthüllung: Frankfurts Polizeipräsident Thiel antwortet Doña Carmen

Die amerikanische Regierung lässt sich von deutschen Behörden detailliert über die Praktiken der Prostitutionsüberwachung auf dem Laufenden halten, schrieb Doña Carmen mit Verweis auf einen jüngst von Wikileaks veröffentlichten Kabelbericht.
(Siehe: http://www.cablegatesearch.net/cable.php?id=06FRANKFURT4232)

Doña Carmen bat Frankfurts Polizeipräsident Dr. Achim Thiel um Aufklärung darüber, er habe sich – so der Kabelbericht – 2006 mit US-Stellen zum Austausch über die hessische Prostitutionsüberwachung getroffen. Thiel antwortete nun und erklärte:

„Nach meiner Erinnerung trifft es zu, dass ich wohl zur besagten Zeit ein Gespräch mit Angehörigen von US-Polizeibehörden geführt habe, in dem es um die Erfahrungen der deutschen und der US-amerikanischen Polizei bei der Bekämpfung der Rotlichtkriminalität ging. Dabei handelte es sich um einen üblichen Erfahrungsaustausch zur Pflege der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit.“
(Schreiben von Dr. Thiel an Doña Carmen, 22.11.2011)

Thiel bestreitet in seinem Antwortschreiben, detailliert Einschätzungen zur Überwachung des hiesigen Prostitutionsgewerbes abgegeben zu haben. Auch sieht er durch derartige Gespräche keine unzulässige Einmischung der US-Behörden in die hiesige Prostitutionspolitik. Schon gar nicht sei es bei dem Gespräch mit amerikanischen Stellen um den Export der umstrittenen US-Prostitutionspolitik in Richtung Deutschland gegangen.

Soweit Herr Dr. Thiel. Mit den Erinnerungen ist ja bekanntlich so eine Sache. Wir möchten an dieser Stelle auf einige Fakten aus dem Jahr der WM 2006 verweisen:

„US-Politiker warnen vor ‚Sündenpfuhl‘ in Deutschland“
„Versuche von Payne und anderen Politikern, Bundeskanzlerin Merkel bei ihrem jüngsten USA-Besuch unter Druck zu setzen, was den Kampf gegen diesen Menschenhandel angeht, hatten offenbar nicht den gewünschten Erfolg.“
(www.tagesschau.de, 11.05.2006)

Der amerikanische Kongressabgeordnete Christopher Smith, Ko-Vorsitzender des Helsinki-Komitees , das sich mit den Menschenrechten in Europa befasste, erklärte mit Blick auf die vermutete verstärkte Inanspruchnahme von Prostitution während der Fußball-WM 2006: „Sollte Berlin nicht reagieren, bin ich dafür, dass wir Deutschland in den Menschenrechtsreport des Kapitols aufnehmen, denn es verletzt das Abkommen gegen Menschenhandel auf unerhörte Weise.“ (taz, 22.05.2006)

„Die US-Regierung hat sich besorgt über die erwartete Zunahme von Zwangsprostitution während der Fußballweltmeisterschaft geäußert…. Das Außenministerium ruft Deutschland dazu auf, weiter sein Augenmerk auf eine Eindämmung der Nachfrage nach Prostitution zu richten und strafrechtliche Änderungen aus dem Jahr 2005 in die Tat umzusetzen… Der US-Beauftragte für den Kampf gegen Menschenhandel äußerte Besorgnisse und der deutsche Botschafter in Washington, Klaus Scharioth, erklärte „Die Bundesregierung habe erklärt, dass Maßnahmen ergriffen werden.“ (www.islamische-zeitung.de, 05.06.2006)

„US-Repräsentantenhaus fordert zu härterem Vorgehen gegen Zwangsprostitution auf: Deutschland soll mehr gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution tun, dazu fordert das US-Repräsentantenhaus auf.“ (www.shortnews.stern.de, 28.06.2006)

Um all diese Dinge soll es bei dem „üblichen Erfahrungsaustausch“ zwischen dem Frankfurter Polizeipräsidenten Dr. Thiel und US-amerikanischen Stellen im Mai 2006 nicht gegangen sein. Das beruhigt Doña Carmen.