Appell an die Partei DIE LINKE – Transparenz hinsichtlich der Umsetzung des ProstSchG

An
Bundesvorstand und Landesvorstände
Der Partei DIE LINKE

Appell an die Partei DIE LINKE –

Transparenz hinsichtlich der Umsetzung des ProstSchG

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kollegen/innen,

in zwei Monaten beginnt mit dem faktischen Inkrafttreten des so genannten ‚Prostituiertenschutzgesetzes‘ in Deutschland eine neue Ära der Entrechtung von Sexarbeit. Das Prostituiertenschutzgesetz zielt – gegenteiligen Behauptungen zum Trotz – auf eine Rechtlosstellung der Betroffenen, die jedem totalitären Regime zur Ehre gereichen würde. Es beschneidet Grundrechte der Sexarbeiter/innen wie z.B. das „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ (Art. 2 GG), die „Freiheit der Berufswahl“ (Art. 12 GG) sowie die „Unverletzlichkeit der Wohnung“ (Art. 13 GG) in massiver und nach unserem Dafürhalten zudem in verfassungswidriger Weise.

Sämtliche Organisationen und Verbände von Sexarbeiter/innen, darunter auch Doña Carmen e.V., haben dieses Schandgesetz aus guten Gründen abgelehnt, es gleichwohl aber nicht vermocht, dessen Verabschiedung durch die Große Koalition zu verhindern. Gegenwärtig erleben wir, dass die mit der Umsetzung des Gesetzes betrauten Kommunen offenbar daran scheitern, dessen überambitioniertes Überwachungsprogramm zum Stichtag 1.7.2017 in geordneten Bahnen wirksam werden zu lassen.

Zur Schändlichkeit des Gesetzes als solchem gesellt sich nun das allenthalben sich abzeichnende Chaos bei dessen Umsetzung. Es existiert eine vollständige Intransparenz für die Betroffenen. Wir werten das als weiteren Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit der Sexarbeiter/innen sowie aller, die eine Infrastruktur für diese Tätigkeit vorhalten. Alle von dem Gesetz Betroffenen sollten ein Recht darauf haben, rechtzeitig und vollständig zu erfahren, was, wann, wie und wo mit diesem neuen Gesetz auf sie zukommt. Das ist mitnichten der Fall.

Bestätigt wird diese Einschätzung durch die erst am 31. März 2017 seitens des Bundesfamilienministeriums vorgelegten, offenbar mit heißer Nadel gestrickten und noch nicht einmal ressortübergreifend abgestimmten Entwürfe zu einer „Prostitutions-Anmeldeverordnung“ (ProstAV) sowie einer „Prostitutions-Statistikverordnung“ (ProstStatV).

Die Verunsicherung unter den Betroffenen ist groß.

Doña Carmen e.V. hat vor diesem Hintergrund einen umfassenden, detaillierten Fragenkatalog entworfen, der als Grundlage für parlamentarische Anfragen hinsichtlich der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in den Kommunen dienen kann. Diesen Fragenkatalog, der sich auf eine genaue Kenntnis der entscheidenden Punkte des Gesetzes stützt, legen wir unserem Schreiben bei und stellen ihn hiermit allen Fraktionen der Partei DIE LINKE zum entsprechenden Gebrauch zur Verfügung.

Wir bitten darum, möglichst umgehend in all den Kommunen, wo es in den Stadtparlamenten Fraktionen der Partei DIE LINKE oder entsprechende Fraktionsbündnisse gibt, diesen Fragenkatalog als parlamentarische Anfrage einzubringen und dessen Beantwortung durch die politisch Verantwortlichen ebenso umgehend öffentlich zu machen.

Örtliche politische Entscheidungsträger sollte man darüber hinaus auffordern, die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes auszusetzen („Aussetzen statt umsetzen“) und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von Doña Carmen e.V. initiierte Verfassungsbeschwerde abzuwarten. Die Verfassungsbeschwerde wird in Kürze fertiggestellt sein und dem obersten deutschen Gericht zugestellt werden.

Im Interesse der betroffenen Sexarbeiter/innen würden wir es sehr begrüßen, wenn die entsprechenden Gliederungen der Partei DIE LINKE in den Bundesländern und Kommunen die hier vorgeschlagene Initiative aufgreifen und beherzt umsetzen.

Mit kollegialen Grüßen

Juanita Henning

c/o Team von Doña Carmen e.V.

Anlage

Fragen-Katalog zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in (Name der Kommune)  FRAGEKATALOG BUNDESWEIT