Pressemitteilung – Falsche Aufgabenstellung, moralisch motivierte Prostitutionsgegnerschaft, bestenfalls unnütz – Ein klares NEIN zum „Fachbeirat Prostitution“ in Frankfurt

In dieser Woche wollen die Frankfurter Magistratsparteien CDU, SPD und Grüne einen „Fachbeirat zur kommunalen Umsetzung und Begleitung des Prostituiertenschutzgesetzes“ durch entsprechende Beschlüsse im Rechts- und Gesundheitsausschuss auf den Weg bringen. Der im Antrag Nr. 295 vom 28.03.2017 beschriebene Auftrag des neu zu gründenden „Fachbeirats“ bietet jedoch nicht die geringste Gewähr für die Sinnhaftigkeit dieses Gremiums.

Doña Carmen e.V. lehnt daher den mit der in Antrag Nr. 295 vorgenommenen Aufgaben-beschreibung versehenen „Fachbeirat Prostitution“ ab. Unsere Gründe im Einzelnen:

1. Feigenblatt
Wenn ein neu zu gründender „Fachbeirat“ sich zwei Monate vor Inkrafttreten des ProstSchG ins Stammbuch schreiben lässt, er solle „Standards für die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetz“ erarbeiten, sollte allen klar sein: Ein solcher „Beirat“ ist nichts anderes als ein Feigenblatt für absehbares Verwaltungsversagen hinsichtlich einer mit heißer Nadel gestrickten, unverantwortlichen Umsetzung des ProstSchG. Da kann die eigentliche Parole nur lauten: „Aussetzen statt umsetzen“!

2. Quadratur des Kreises
Ein Fachbeirat, der „praxistaugliche Vorschläge“ zur Umsetzung des ProstSchG machen und gleichzeitig bestrebt sein soll, „die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen in der Prostitution zu verhindern“, lügt sich in die Tasche. Möglicherweise kennen auch die Verfasser/innen des Antrags das neue Gesetz nicht wirklich.

Das bundesweit von allen Betroffenen unisono abgelehnte Gesetz beinhaltet regelmäßig zu wiederholende Zwangsberatungen von Sexarbeiter/innen, eine von den Betroffenen strikt abgelehnte Zwangsregistrierung, ein damit verbundenes Zwangsouting gegenüber einer Vielzahl von Kontroll-Behörden, eine Zwangskondomisierung und schließlich eine durch die Mitführpflicht eines Hurenpasses erzwungene Stigmatisierung. Die Vorstellung, ein solches Gesetz ließe sich sowohl „praxistauglich“ als auch „diskriminierungsfrei“ umsetzen, entspricht der Quadratur des Kreises. Die Arbeit eines solchen Fachbeirats ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.

3. Grundfalscher Ansatz
Der Ausschuss soll „Krankheitsprävention und medizinische Versorgung verbessern“. Natürlich lässt sich alles verbessern. Aber ist jemals der Nachweis erbracht worden, dass die seit Jahren in Frankfurt auf Grundlage von § 19 IfSG basierende freiwillige, anonyme und kostenfreie Gesundheitsberatung für Sexarbeiter/innen schlecht und unzureichend ist? Eine auf Zwang basierende Gesundheitsberatung ist nach dem Dafürhalten aller sachverständigen Kenner der Materie hingegen das genaue Gegenteil effektiver Prävention, nicht zuletzt deshalb, weil ein Arzt-Patient-Vertrauensverhältnis in einer derartigen Konstellation gar nicht erst aufkommen kann. Ein grundfalscher Ansatz, dem sich der Fachbeirat durch politisches Diktat verpflichtet sehen soll. Es lässt hellhörig werden, wenn es der Auftrag des neuen Fachbeirats sein soll, zu erkunden, „ob und wie die Beteiligten der Prostitution zur Finanzierung dieser Maßnahmen“ herangezogen werden können. Eine Verbesserung für die Betroffenen? Wohl kaum!

 

4. Herbeigeredeter Handlungsbedarf
Angeblich bestehe „Handlungsbedarf“ nicht nur wegen prekärer Situationen von prostituierten, sondern auch aufgrund „der hohen Anzahl von Bordellbetrieben und angeboten sexueller Dienstleistungen“! Das ist nichts anderes als ein ideologisch motiviertes Programm von Prostitutionsgegnern und rechtslastigen Ordnungsbehörden, die ein ihnen missliebiges Gewerbe ausdünnen und Sexdienstleistungen eindämmen wollen. Damit werden Arbeitsplätze der Frauen mutwillig zur Disposition gestellt, ohne dass auch nur der Hauch eines strafbaren Verhaltens vorliegen muss.

5. Etikettenschwindel
Unter den Aufgabenbeschreibungen eines solchen Fachbeirats darf natürlich die „Ächtung der Zwangsprostitution“ nicht fehlen. Doch auch das richtet sich bei Licht betrachtet gegen freiwillig und einvernehmlich stattfindende Prostitution und ist nichts weiter als populistisch motivierter Etikettenschwindel. So fallen nach § 232 a StGB Abs. 1 („Zwangsprostitution“) Personen bereits dann unter den Begriff „Zwangsprostitution“, wenn sie als mündige und erwachsene Personen im Alter von 18 bis 21 Jahren von anderen veranlasst werden, „die Prostitution aufzunehmen oder fortzusetzen“. Das reicht. Zwang und Gewalt müssen gar nicht vorliegen. Besonders verlogen ist es, wenn die Notwendigkeit, mit einem Beruf seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, ausgerechnet und exklusiv im Falle von ausländischen Prostituierten gerne als „Zwang“ hingestellt wird. Von Rassismus ist das nicht weit entfernt.

Angesichts der aufgeführten Punkte ist zu erwarten, dass der geplante Fachbeirat der moralisch motivierten Selbstinszenierung von Prostitutionsgegnern auf Kosten der Betroffenen dient. Es passt ins Bild, dass Sexarbeiter/innen sowie Bordellbetreiber/innen als ständige Mitglieder des Fachbeirats gar nicht vorgesehen sind. Die Einrichtung eines Fachbeirats mit der skizzierten Aufgabenbeschreibung ist also eine ganz und gar unnütze Veranstaltung, die der politisch motivierten Prostitutionsbekämpfung und bei Bedarf der Unterhaltung des geneigten Publikums dient.

Statt eines solchen Beirats wären in erster Linie die zuständigen Ämter der Stadt gefragt, die Karten auf den Tisch zu legen hinsichtlich der in zwei Monaten anstehenden Umsetzung des so genannten „Prostituiertenschutzgesetzes“. Warum ist da nichts längst ein Konzept zu sehen? Vermutlich ist da vor allem heiße Luft. Daher wäre es sinnvoll, nach der Devise „Aussetzen statt umsetzen“ zu handeln.

Zudem wäre man gut beraten, zunächst die Entscheidung der Verfassungsbeschwerde gegen das Prostituiertenschutzgesetz abzuwarten. Ein Fachbeirat, der die massiven Grundrechtsverletzungen des ProstSchG im Hinblick auf Sexarbeiter/innen schlicht ignoriert und der den Kopf in den Sand steckt hinsichtlich der begründeten Befürchtung, dass mit diesem Gesetz Sexarbeiter/innen scharenweise in die Illegalität gedrängt werden – ein solcher Fachbeirat ist überflüssig wie ein Kropf. Deshalb lehnt Doña Carmen e.V. diesen Fachbeirat ab.