„Sozialpsychiatrischer Dienst“:

Positive Veränderungen für Sexarbeiter*innen

Nach Protestaktion: Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises ändert Umgang mit Sexarbeiter*innen

Das Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises nimmt Veränderungen vor an ihrer bisherigen, in die Kritik geratenen Praktiken im Zusammenhang der gesundheitlichen Zwangsberatung von Sexarbeiter*innen gemäß § 10 Prostituiertenschutzgesetz.

Nach einer im Oktober vergangenen Jahres von Doña Carmen e.V. organisierten Protestaktion von Sexarbeiter*innen vor dem Gebäude der Gesundheitsbehörde in Gelnhausen (vgl. https://www.donacarmen.de/sexarbeiterinnen-protest-am-14-10-2021/) sowie nach Gesprächen mit Verantwortlichen der Behörde hat sich die Amtsleitung in einem Schreiben an Doña Carmen e.V. vom 28. 02. 2022 zu folgenden Veränderungen ihrer bisherigen Beratungspraxis bereitgefunden:

(1) Die Angabe ‚Sozialpsychiatrischer Dienst‘ wird fortan weder unter entsprechende Behördenschreiben gestempelt noch auf den Sexarbeiter*innen ausgehändigten Beratungsbescheinigungen erscheinen, um jegliche – vom Gesundheitsamt nicht beabsichtigte – „indirekte Stigmatisierung“ von Sexarbeiter*innen auszuschließen.

Die Amtsleitung der Behörde bezeichnete die Kritik von Sexarbeiter*innen an der bisherigen Praxis als „durchaus nachvollziehbar“, was von Doña Carmen e.V. begrüßt wird.

(2) Mittlerweile seien im Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises auch Mitarbeiter*innen aus dem Sachgebiet „Amtsärztlicher Dienst“ mit der gesundheitlichen Beratung von Sexarbeiter*innen befasst und sollen diesbezüglich qualifiziert werden.

Damit kommt man dem von Doña Carmen geforderten gänzlichen Verzicht auf den Einsatz des ‚Sozialpsychiatrischen Dienstes‘ im Zuge der obligatorische Gesundheitsberatung von Sexarbeiter*innen entgegen.

Doña Carmen e.V. wird diesen Prozess auch weiterhin aufmerksam beobachten und insistiert aus grundsätzlichen Erwägungen des Ausschlusses jeglicher Stigmatisierung weiterhin darauf, sämtliche Mitarbeiter*innen des ‚Sozialpsychiatrischen Dienstes‘ aus der obligatorischen Regelberatung von Sexarbeiter*innen abzuziehen.

(3) Darüber hinaus will sich die Behörde nach Aussagen der Amtsleitung „um eine insgesamt entspanntere Gesprächs- und Beratungsatmosphäre“ im Zusammenhang der §-10-Beraung von Sexarbeiter*innen bemühen. Diesbezüglich werden die MKK-Gesundheitsbehörde und Doña Carmen e.V. auch weiterhin in Kontakt bleiben und sich diesbezüglich austauschen.

Doña Carmen e.V. begrüßt den in den Ankündigungen der Gesundheitsbehörde des Main-Kinzig-Kreises zum Ausdruck kommenden und in der Praxis eingeschlagenen konstruktiven Weg des Dialogs mit Sexarbeiter*innen.

Daran sollten sich andere Gesundheitsämter – wie zum Beispiel im Kreis Marburg-Biedenkopf oder in der Stadt Offenbach – ein Beispiel nehmen. Dort ist man offenbar noch immer der Meinung, berechtigte Kritik an der gesundheitlichen Regelberatung von Sexarbeiter*innen durch den ‚Sozialpsychiatrischen Dienst‘ aussitzen oder durch Kosmetik vertuschen zu müssen. Beides hat keine Perspektive. Der ‚Sozialpsychiatrische Dienst‘ hat in der gesundheitlichen Regelberatung von Sexarbeiter*innen nichts verloren.

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